Musikindustrie in Zahlen 2022

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Printexemplar (gegen Vorkasse): 29,90 Euro, erhältlich ab Juni 2023

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  • Ein Blick zurück

  • Umsatz 2022

    Der Umsatz der Musikindustrie in Deutschland hat wieder die 2-Milliarden-Euro-Marke überschritten. Nahezu drei Viertel der Erlöse wurden durch Audio-Streaming erzielt. Fachleute rechnen mit einem weiteren Anstieg.

     

    Die Musikindustrie in Deutschland setzte mit den Verkäufen von CDs, Vinyl-LPs und Downloads sowie den Erlösen aus dem Streaming-Geschäft im Jahr 2022 insgesamt 2,07 Milliarden Euroum. Damit ist erstmals seit 20 Jahren wieder die 2-Milliarden-Euro-Marke überschritten worden. Das war zuletzt 2002 der Fall (2,21 Mrd. €) und ist – trotz der Tatsache, dass der Vergleich inflationsbereinigt anders ausfallen würde – eine gute Nachricht von weit mehr als nur symbolischem Wert.

     

    Gegenüber dem Vorjahr 2021 betrug das Marktwachstum 6,1 Prozent. Es hat sich dabei etwas abgeschwächt, denn noch im Jahr 2021, dem zweiten Jahr der Coronapandemie, hatte die Zuwachsrate gegenüber 2020 bei 10 Prozent gelegen. Insgesamt handelt es sich jedoch um das vierte Wachstumsjahr in Folge.

     

    Während die Umsätze wieder eine ähnliche Höhe erreichten wie vor 20 Jahren, hat sich die Art des Musikkonsums vollständig verändert. Inzwischen stammt mit 80,3 Prozent der weit überwiegende Teil der Einnahmen aus Onlineverkäufen (Abb. 1). Der sogenannte Mount Music (S. 4/5) zeigt diesen Wandel auf eindrucksvolle Weise.

    Diese Entwicklung vollzog sich in teils größeren, teils kleineren Schritten. 2021 waren erstmals in der Geschichte der Branche in Deutschland mehr als drei Viertel der Musikumsätze digital erzielt worden (76,4 %), 2020 hatte der Wert bereits die Zwei-Drittel-Marke überschritten (71,5 %).

     

    2022 hat das Digitalgeschäft um 11,7 Prozent zugelegt. Allerdings verlangsamte sich das Wachstumstempo im Vergleich zu 2021 erneut leicht: 2021 hatte es noch rund 17 Prozent betragen – nach 20,3 Prozent 2020 und 22,5 Prozent 2019.

     

    19,7 Prozent der Musikumsätze 2022 wurden mit dem physischen Geschäft erwirtschaftet. 2021 waren es noch 23,6 Prozent gewesen. Dies bedeutet einen Rückgang der physischen Verkäufe im Jahr 2022 um 11,9 Prozent. Damit haben sich die Einnahmen aus physischen Musikverkäufen von zuletzt rund 400 Millionen Euro im 6-Jahres-Vergleich zu 2017 halbiert. Innerhalb der letzten 10 Jahre sind sie sogar um fast zwei Drittel gesunken.

    LIZENZEINNAHMEN UND EINNAHMEN AUS LEISTUNGSSCHUTZRECHTEN

     

    Die Umsätze der Branche stammen nicht nur aus dem Verkauf von Musik in den physischen und digitalen Geschäftsfeldern, sondern auch aus der Synchronisation sowie aus GVL-Leistungsschutzrechten. Mit Synchronisation, der Kopplung von Musik mit Film, Fernsehen, Werbung und Games, wurden 2022 insgesamt 10 Millionen Euro eingenommen (Abb. 2). Dies entspricht einem Plus gegenüber 2021 von 21,6 Prozent. Damit erreichten die Erlöse aus der Synchronisation 2022 wieder das Niveau von 2018.

     

    Bei den Einnahmen aus GVL-Leistungsschutzrechten handelt es sich um Vergütungen für ausübende Künstler:innen und Tonträgerhersteller. Der genaue Betrag für 2022 stand bei Redaktionsschluss dieses Jahrbuchs noch nicht fest. Es wird erwartet, dass die Einnahmen um 16,5 Millionen Euro zurückgegangen sind. Dies ist primär dadurch bedingt, dass sie im Vorjahr 2021 aufgrund außerordentlicher Sondereffekte im Bereich der Sendevergütung sowie durch Einnahmen im Segment der privaten Vervielfältigung besonders hoch waren. Mit insgesamt voraussichtlich 232 Millionen Euro aus GVL-Leistungsschutzrechten liegt das Jahr 2022 wieder auf dem Niveau von 2018.

    VINYL-UMSÄTZE SIND GESTIEGEN, EINNAHMEN AUS CD-VERKÄUFEN GESUNKEN

     

    Obwohl der Stellenwert der CD auch 2022 weiter zurückgegangen ist, ist sie bei einem Marktanteil von 12,9 Prozent weiterhin zweitwichtigster Umsatzträger. Mit Musik auf CDs wurden 286 Millionen Euro Umsatz erzielt, das entspricht im 10-Jahres-Vergleich einem Viertel der CD-Umsätze von 2013. Gegenüber 2021 sind die CD-Umsätze um 17 Prozent zurückgegangen (Abb. 3).

     

    Etwa halb so viel Umsatz wurde 2022 mit dem Verkauf von Vinyl-LPs erwirtschaftet, die damit drittwichtigster Umsatzträger geblieben sind. Mit Einnahmen von 124 Millionen Euro erreichten sie einen Umsatzanteil von 6 Prozent. Das Plus (5,1 %) fiel allerdings deutlich geringer aus als 2021 (20,1 %). Insgesamt erreichte der Verkauf von Vinyl-LPs dennoch ein neues 10-Jahres-Hoch. Im Vergleich zu 2013 haben sich die Umsätze mehr als vervierfacht. Mit über 100 Millionen Euro hatten sie 2021 erstmals seit Anfang der 1990er-Jahre wieder einen dreistelligen Millionenbetrag erreicht. Die höchsten Erlöse erzielte Vinyl-LPs in Deutschland im Jahr 1980 mit 760 Millionen Euro.

     

    CDs und Vinyl-LPs standen 2022 mit zusammen 392 Millionen Euro für den größten Teil des Umsatzes mit physischen Tonträgern. Mit Musik auf DVD und Blu-ray wurden 11 Millionen Euro eingenommen – im Vergleich zu 2021 mit 15 Millionen Euro ein Rückgang von etwas mehr als einem Viertel (25,7 %). Damit geht der Umsatz mit Video-Tonträgern weiter zurück, im Vergleich zu 2019 (22 Mio. €) hat er sich schon halbiert. Auch der Umsatz mit Singles ist gegenüber 2021 um mehr als ein Drittel (34,2 %) geringer ausgefallen. Er lag zuletzt noch bei 5 Millionen Euro.

     

    Mit MC bzw. Musik auf Kassetten wurden 2022 1 Million Euro umgesetzt – ein Plus von 17,4 Prozent gegenüber 2021, allerdings auf sehr niedrigem Niveau.

    BRANCHENUMSATZ ZU FAST DREI VIERTELN AUS AUDIO-STREAMING ERZIELT

     

    Das mit weitem Abstand stärkste Marktsegment war 2022 erneut das Audio-Streaming (Abb. 4). Seine Bedeutung hat zudem weiter zugenommen. 2022 trug es mit gut 1,5 Milliarden Euro nahezu drei Viertel zum Gesamtumsatz bei (73,3 %). 2021 hatte sein Anteil mit 68,5 Prozent noch um knapp 5 Prozentpunkte darunter gelegen. Im 5-Jahres-Vergleich zu 2018 haben sich die Einnahmen aus dem Audio-Streaming mehr als verdoppelt, gegenüber 2021 betrug das Plus 14 Prozent. Wie dynamisch die Entwicklung im Audio-Streaming ist, zeigt sich im 10-Jahres-Vergleich: 2013 haben die Umsätze mit 61 Millionen Euro noch nicht einmal ein Zwanzigstel des Wertes von 2022 betragen.

     

    Mit Musik-Downloads wurden 2022 45 Millionen Euro eingenommen, dies waren 2,2 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche. Im Vergleich zu 2021 sind die Einnahmen um 22,1 Prozent gesunken und im Vergleich zu 2019 haben sie sich mehr als halbiert.

     

    Mehr als doppelt so viel Umsatz wie Musik-Downloads trugen Sonstige Formate bei. Hierzu zählen Einnahmen aus Video-Streaming-Plattformen, Mobile (Realtones/Ringbacktones) und Cloud-Services. Mit ihnen wurden 2022 Einnahmen von 100 Millionen Euro erzielt, also etwa 5 Prozent des Branchenumsatzes. Dies ist im Vergleich zu 2021 ein leichtes Plus von 0,9 Prozent. 2021 waren die Zuwächse gegenüber dem Vorjahr deutlich höher ausgefallen (+48,3 %, vgl. Musikindustrie in Zahlen 2021, Abb. 4, S. 11).

    UMSATZANTEILE DER REPERTOIRESEGMENTE IN DEN VIER KERNFORMATEN AUDIO-STREAMING, CD, VINYL UND DOWNLOAD

     

    Die beliebtesten Repertoiresegmente auf Audio-Streaming-Plattformen waren 2022 Pop und Hip-Hop/Rap. Das war zwar bereits 2017 so, doch gibt es Veränderungen. So stammte 2022 ein Viertel der Umsätze (24,8 %) auf Streaming-Plattformen aus dem Segment Pop, während es 2017 noch fast 28 Prozent waren. Bei Hip-Hop/Rap ist der Wert dagegen so gut wie gleich geblieben.

     

    Auch Rock (13,6 %) und Dance (12,8 %) haben 2022 weniger zu den Streaming-Umsätzen beigetragen als noch 2017 (16,3 % bzw. 14,8 %). Das Repertoiresegment Family war 2022 auf Streaming-Plattformen hingegen deutlich stärker nachgefragt, hier wurden 13 Prozent der Umsätze erzielt. Dies sind 4 Prozentpunkte mehr als 2017. Bei Schlager und in der Kategorie Others waren 2022 leichte Zuwächse zu beobachten, die Umsatzanteile der Segmente Deutschpop, Jazz, Klassik und Volksmusik blieben dagegen weitgehend unverändert.

     

    Im Unterschied zu den Veränderungen beim Audio-Streaming tragen die unterschiedlichen Repertoiresegmente bei den Vinyl-LPs 2022 jeweils fast gleich viel zum Gesamtumsatz bei wie 2017. Veränderungen gab es lediglich in einer Größenordnung von etwa 1 Prozentpunkt. Mehr als die Hälfte der Umsätze stammte unverändert aus dem Bereich Rock (53,6 %). Mit einem etwa halb so hohen Umsatzanteil von 23 Prozent war Pop der zweitwichtigste Umsatzträger. Die übrigen Repertoiresegmente kamen 2022 lediglich auf einstellige Prozentwerte. Hip-Hop/Rap erreichte knapp 7 Prozent, gefolgt von Jazz (5,5 %) und Dance (3,8 %).

     

    Bei CDs haben sich 2022 im Vergleich zu 2017 zwischen den Repertoiresegmenten teilweise deutliche Verschiebungen ergeben. Während 2017 nur rund ein Viertel der Umsätze aus dem Bereich Rock stammte (23,3 %), war es 2022 fast ein Drittel (32,1 %). Zweitwichtigstes Segment bei den CDs war unverändert Pop, allerdings mit rund einem Fünftel der Umsätze (20,5 %) in einem etwas geringeren Umfang gegenüber 2017, als noch rund ein Viertel der CD-Umsätze (24,9 %) aus diesem Segment stammte. Das drittwichtigste Segment bei CD-Verkäufen stellte Schlager mit einem Umsatzanteil von 12,5 Prozent, ein fast doppelt so hoher Wert wie bei Hip-Hop/Rap (6,7 %). Die übrigen Segmente trugen 2022 jeweils einstellige Anteile zum Umsatz bei. Plätze 4 und 5 belegten Family bzw. Klassik.

    PROGNOSE: STREAMING-UMSÄTZE WERDEN AUF MEHR ALS 2 MILLIARDEN EURO WACHSEN

     

    Dass der Branchenumsatz 2022 die Marke von 2 Milliarden Euro überschreiten würde, war von den Marktexpert:innen bereits in den Prognosen der Vorjahre erwartet worden. Sie gehen davon aus, dass der Umsatz bis zum Jahr 2025 in Schritten von jährlich etwa 100 Millionen Euro bis auf 2,4 Milliarden Euro ansteigen wird. Dabei soll der jährliche Zuwachs sich von zunächst 6,8 Prozent auf schließlich 4,1 Prozent leicht abschwächen (Abb. 6).

     

    Nach dieser Prognose wird der Umsatz mit physischen Tonträgern zwar weiter sinken, doch im Jahr 2025 bei immerhin noch etwa 300 Millionen Euro liegen. Das würde einem Umsatzanteil am Gesamtmarkt von 13 Prozent entsprechen. Ein deutlicherer Rückgang wird bei den Erlösen durch Downloads erwartet. Hier rechnen die Marktforscher:innen mit einem jährlichen Rückgang um etwa 20 Prozent.

    Beim Streaming gehen sie hingegen weiterhin von jährlichen Umsatzzuwächsen aus, wobei auch hier eine sukzessive Abschwächung erwartet wird. Dennoch sollen allein die Streaming-Erlöse im Jahr 2025 mit 2,1 Milliarden Euro Umsatz die Marke von 2 Milliarden Euro überschreiten.

     

    Beim Streaming bleibt abzuwarten, wie sich die jüngsten und gegebenenfalls künftige Preiserhöhungen auswirken werden. Auch die Frage der Monetarisierung von Short-Form-Videos beschäftigt die Branche. Beim Thema Vinyl wiederum zeigen die Daten des BVMI seit vielen Jahren, dass die Schallplatte auch auf viele junge Menschen eine hohe Anziehungskraft ausübt. Hier könnte der von der Bundesregierung angekündigte Kulturpass ab dem Sommer 2023 sowohl für Fans als auch für die Branche eine durchaus stimulierende Wirkung haben.

  • Absatz 2022

    Die Zahl der Musik-Streams ist weiter gestiegen, jedoch langsamer als in den Vorjahren. Die Zahl verkaufter Vinyl-LPs ist leicht zurückgegangen. Die Vielfalt verfügbarer Titel bei physischen Tonträgern ist gewachsen.

     

    Die Nutzung von Medieninhalten und Musik verlagert sich weiter vom Analogen ins Digitale. Das Onlinegeschäft ist für die Branche entsprechend zum entscheidenden Wachstumstreiber geworden. Im physischen Bereich werden dagegen heute nur noch etwa ein Viertel so viele Tonträger verkauft wie noch vor 10 Jahren: 2022 waren es rund 25 Millionen CDs, Vinyl-LPs und Musikvideos, die sich Fans entweder in Geschäften kauften oder nach Hause liefern ließen (Abb. 7). 2013 hatte die Zahl noch bei 98 Millionen gelegen. 2022 ist der Absatz von physischen Tonträgern gegenüber 2021 um gut ein Fünftel (20,5 %) zurückgegangen.

    STREAMING-NUTZUNG WENIGER STARK GEWACHSEN ALS IN DEN VORJAHREN

     

    Das Streaming hat die nun bereits seit 2013 anhaltende Aufwärtsbewegung hingegen fortgesetzt (Abb. 9). Der Wert erreichte einen neuen Höchststand von 178 Milliarden Streams. Das sind nach Auswertung von GfK Entertainment in Kooperation mit dem Bundesverband Musikindustrie etwa 8 Prozent mehr als 2021. Damit hat sich der Anstieg aber zugleich verlangsamt: 2020 hatte der Zuwachs gegenüber 2019 noch rund 20 Prozent betragen. Allerdings lag das Wachstum im Jahr 2022 auf einem sehr hohen Niveau, insofern reflektiert der Wert eine weiterhin gute und stabile Dynamik.

     

    DIE BANDBREITE DIGITALER TITEL HAT ABGENOMMEN

     

    Während die Verkaufszahlen bei physischen Tonträgern zurückgingen, nahm die Vielfalt der Titel zu. So stieg die Zahl der verfügbaren verschiedenen physischen Pop-Alben 2022 gegenüber 2021 um 3.841. Sie stellten mit zuletzt rund 172.000 verschiedenen Titeln den Großteil der erhältlichen physischen Tonträger. Die Bandbreite der physischen Klassik-Alben nahm dagegen gegenüber 2021 um etwa 700 auf 64.000 verschiedene Titel ab. Ebenfalls gesunken ist die Zahl der verfügbaren Pop-Singles, im Vergleich zu den Klassik-Alben fiel der Rückgang um lediglich rund 50 Titel gegenüber 2021 hier allerdings recht moderat aus.

     

    Insgesamt waren 2022 rund 239.000 verschiedene Titel auf physischen Tonträgern verfügbar. Damit hat sich Vielfalt vom Tiefstwert der vergangenen 10 Jahre wieder erholt, der 2021 mit lediglich rund 235.000 verfügbaren Titeln erreicht worden war.

     

    Im Vergleich zu den physischen Tonträgern hat sich die Zahl digital verfügbarer Titel 2022 gegenüber 2021 deutlich verringert: 2021 waren insgesamt 4,24 Millionen verschiedene digitale Pop-Alben-Titel erhältlich (vgl. Musikindustrie in Zahlen 2021, Abb. 10). 2022 waren es nur noch 3,4 Millionen, ein Rückgang um 840.000 Titel. Diese Abnahme ist unter anderem auf verstärkte strukturelle Vertriebsoptimierungen des Angebots im Jahr 2021 zurückzuführen: Da die Käufe von Download-Alben seit Jahren stark abgenommen hatten, wurden die digitalen Angebote um Alben, die sich nicht oder in nur sehr geringer Zahl verkauften, bereinigt.

     

    Bei digitalen Pop-Singles ging die Zahl der verfügbaren Titel um rund 65.000 auf 3,93 Millionen zurück (2021: 3.996.501; vgl. Musikindustrie in Zahlen 2021, Abb. 10). Die Zahl der verfügbaren digitalen Klassik-Alben verringerte sich um gut 70.000 auf rund 249.000 verschiedene Titel.

  • Musikfirmen 2022

    MUSIKFIRMEN: PARTNER DER KÜNSTLER:INNEN IN EINER LEBENDIGEN MUSIKLANDSCHAFT

     

    Der Musikmarkt wächst und das Musik-Ökosystem ist voller Chancen und sehr dynamisch, aber auch komplex und wettbewerbsintensiver als je zuvor. Die Partnerschaft zwischen Künstler:innen und Musikfirmen war vielleicht noch nie so wichtig, aber auch noch nie so vielgestaltig.

     

    Der Musikmarkt ermöglicht heute eine gigantische künstlerische Vielfalt. Musik kann unabhängig von Zeit und Ort entdeckt und gehört werden, zig Millionen Titel aller Genres und aller Epochen sind auf den Online-Plattformen zugänglich. Künstler:innen haben zahlreiche Möglichkeiten, ihre Community mit ihrer Musik direkt zu erreichen und neue Fans auch weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus zu gewinnen. Sie können ihre Songs nicht nur selbst produzieren, sondern auch direkt online stellen und vertreiben und via Social Media bewerben.

     

    KÜNSTLER:INNEN HABEN DIE WAHL. SIE ENTSCHEIDEN, IN WELCHEN BEREICHEN SIE SUPPORT BRAUCHEN

     

    Diese Entwicklung hat die Rolle und das Selbstverständnis der Künstler:innen verändert und die persönliche Beziehung zu ihrem Label neu gestaltet – und an vielen Stellen neu gefestigt. Denn das Umfeld für Kreative ist heute zwar extrem chancenreich, aber auch komplex. Jeden Tag werden inzwischen rund 100.000 Songs neu auf die Streaming-Plattformen hochgeladen, die Zahl der bei Spotify insgesamt verfügbaren Titel hat sich innerhalb der letzten 10 Jahre von 20 Millionen auf 100 Millionen im März 2023 verfünffacht. Angesichts dieser Vielzahl müssen Künstler:innen sich einiges einfallen lassen, um gehört und gesehen zu werden und Beachtung für die eigene künstlerische Arbeit zu finden. Die Zahl von Online-Diensten und -Netzwerken, die Musiker:innen heute mit jeweils maßgeschneidertem Content bespielen müssten, wächst kontinuierlich, neue Player am Markt schaffen immer wieder neue Möglichkeiten der Musiknutzung und damit neue Formate, wie zum Beispiel TikTok mit Short Form Videos, die den Musikkonsum innerhalb kürzester Zeit erheblich verändert haben (Abb. 14). Die spezifischen Mechanismen der einzelnen Plattformen zu kennen, ist ebenso entscheidend für den Erfolg wie Know-how und Erfahrung mit Blick auf das strategisch sinnvolle Kombinieren der verschiedenen Kanäle. 

     

    Und wenn es Künstler:innen gelingt, mit ihrer Musik hervorzustechen, gehört unter anderem eine Portion fundierte betriebswirtschaftliche und lizenzrechtliche Kenntnis dazu, die gewonnene Aufmerksamkeit des Publikums in Einkünfte umzuwandeln. Das wiederum ist eine Voraussetzung, um sich der Kunst professionell widmen zu können. Partnerschaften haben auf dem Weg durch diese komplexe Landschaft eine Schlüsselfunktion. Grund genug für die meisten Künstler:innen, die sich eine Karriere im Musikbereich wünschen, die Reise gemeinsam mit einer Musikfirma anzutreten.

     

    Dabei entscheiden sie heute freier und individueller als im analogen Zeitalter, wie, wo und zu welchem Zeitpunkt sie die Unterstützung eines Labels in Anspruch nehmen. Und ob überhaupt.

     

    KREATIVPARTNERSCHAFT, DIGITALEXPERTISE, MARKENKOMPETENZ – LABELS KÖNNEN ARTISTS DURCH ALLE BEREICHE DER MODERNEN MUSIKLANDSCHAFT BEGLEITEN

     

    Das Angebot, das die Labels den Künstler:innen machen, ist sehr umfangreich (Abb. 11). Sie verfügen über Expertise in den verschiedenen Bereichen des Musikgeschäfts, über Infrastruktur, ein oft internationales Netzwerk, über Daten- und Erfahrungswissen mit den für künstlerischen Erfolg notwendigen Kenntnissen, Werkzeugen und Ressourcen. Konkret können sie Künstler:innen bei der professionellen Musikproduktion, bei der Erstellung von Fotomaterialien und Grafik, Videodreh und Tourplanung oder einfach bei der Buchhaltung, aber auch bei Vertrieb, Marketing und Promotion unterstützen und bei Bedarf optimal abgestimmte Social-Media-Kampagnen entwickeln. Auch die Komplexität der digitalen Lieferkette und der Abruf-Plattformen erfordert spezialisiertes Marketing, Lizenzierungsteams sowie Datenmanagement und Buchhaltung in einem enorm gestiegenen Umfang. Je nach Zuschnitt der Partnerschaft zahlt das Label darüber hinaus einen Vorschuss, den Künstler:innen behalten können, auch wenn ihre Musik nicht erfolgreich ist.

     

     

    Wenn sich Künstler:innen für die Zusammenarbeit mit einem Label entscheiden, ist von einem Künstler:innen-Exklusivvertrag mit mehreren Aufnahmen über einen Bandübernahmevertrag inklusive Rechtseinräumung für begrenzte Zeit oder einen reinen Vertriebsvertrag bis hin zu anderen individuellen Deals ist alles möglich. Je nachdem, welche Form der Zusammenarbeit sie wählen, fällt der sogenannte Split aus: Je umfangreicher die gewünschte Serviceleistung des Labels ist, also dessen Investitionen bis hin zu Vorschüssen, die den Künstler:innen gezahlt werden, desto größer am Ende die Beteiligung an möglichen Einnahmen. Ist die Leistung weniger umfangreich, bleibt entsprechend mehr bei dem oder der Künstler:in.

     

    EIN DRITTEL DER EINNAHMEN AUS DEM GLOBALEN MUSIKVERKAUF WIRD JEDES JAHR IN NEUE TALENTE INVESTIERT, DAMIT MEHR MENSCHEN MUSIK ZUR KARRIERE MACHEN KÖNNEN

     

    Die Labels ihrerseits sind als Motor einer lebendigen Musiklandschaft immer auf der Suche nach neuen musikalischen Talenten. Sie entdecken Menschen, die das Talent haben, Menschen mit ihrer Musik und ihrer Persönlichkeit zu begeistern. Und sie wissen, wann auf welche Art und Weise zielgenaue Promotion und Marketing zum Einsatz kommen müssen, um eine Karriere am Markt zu entwickeln. Diese Fähigkeiten sind die Kernkompetenzen der Musiklabels. Sie speisen sich aus einem Zusammenspiel von Markt- und Menschenkenntnis und dem nötigen Fachwissen. Dazu gehört auch kontinuierliche Marktbeobachtung und Auswertung von Daten und Interaktionen, durch die sie Aktivitäten und Inhalte ihrer Artists bestmöglich auf die sich ständig erweiternden Möglichkeiten der Musiknutzung abstimmen können. Ob WEB3, NFTs, Synch-Deals oder neue Markenpartnerschaften – die Firmen sondieren und investieren in immer wieder neue und zusätzliche Einnahmequellen, Räume und Möglichkeiten für Artists und ihre Musik.

     

    Jedes Jahr investiert die Branche weltweit 5,8 Milliarden US-Dollar, ein Drittel ihrer Einnahmen, in den künstlerischen Nachwuchs (vgl. Powering the Music Eco System“, IFPI, 2020, Abb. 12). Davon fließen 4,1 Milliarden US-Dollar in das Entdecken und Entwickeln neuer Talente, die übrigen 1,7 Milliarden US-Dollar in Marketing und Promotion (Abb. 12). Durch diese stete Förderung neuer Musik und neuer Ideen trägt die Branche zu einer vielfältigen Musikkultur bei. Künstler:innen die Möglichkeit zu geben, sich musikalisch auszuprobieren und zu entwickeln, ist dabei für die Firmen immer eine Wette auf die Zukunft, denn in 9 von 10 Fällen werden ihre Investitionen nicht wieder eingespielt.

     

    Die größten Musikfirmen in Deutschland sind (in alphabetischer Folge) Sony Music, Universal Music und Warner Music, gefolgt von (ebenfalls in alphabetischer Folge) 375 Media, Believe/GoodToGo, Bertus, BMG, DistroKid, Edel/Kontor, iGroove AG, Naxos, PIAS, Recordjet, Tonpool und Zebralution (Abb. 13).

  • Musiknutzung 2022

    Musik wird im Alltag vieler Menschen in Deutschland immer wichtiger. Beim Musikhören liegt das Radio vor allen anderen Nutzungsarten, soziale Medien spielen nur eine untergeordnete Rolle.

     

    Pro Woche haben Menschen in Deutschland 2022 im Durchschnitt 21 Stunden Musik gehört. Das sind über 1,5 Stunden mehr als 2021 (19,3 Stunden). Anders gesagt waren es wöchentlich 30 Songs von jeweils 3 Minuten Länge mehr als 2021 oder 4 Songs mehr pro Tag. Damit lag Deutschland über dem weltweiten Durchschnitt (20,1 Stunden in der untersuchten Altersgruppe von 16 bis 64 Jahren). Das zeigt der aktuelle „Engaging with Music“-Report von IFPI (International Federation of the Phonographic Industry), dem Dachverband des Bundesverbandes Musikindustrie.

     

    Bei der illegalen Musiknutzung, die international immer noch eine große Herausforderung bleibt, liegt Deutschland dem IFPI-Report zufolge erfreulicherweise unter dem globalen Durchschnitt: Weltweit gaben 2022 30,4 Prozent der Befragten an, Musik über unlizenzierte oder illegale Wege gehört oder gekauft zu haben, in Deutschland waren es nur 21 Prozent.

     

    Die Studie zum Hörverhalten von Menschen in zahlreichen Ländern zeigt darüber hinaus Unterschiede in der Häufigkeit, mit der die verschiedenen Medien und Plattformen jeweils zum Musikhören genutzt werden.

     

     

    MEHR ALS EIN VIERTEL DER MUSIKNUTZUNGSZEIT ENTFIEL AUF DAS RADIO

     

    2022 verzeichnete das Radio in Deutschland einen Bedeutungszuwachs und eroberte den Spitzenplatz unter den Medien, die für das Musikhören verwendet werden, wieder zurück: Im Vergleich zu 2021 stieg Nutzungszeit des Radios von 22 auf 27 Prozent.

     

    2021 hatte das Premium-Audio-Streaming mit einer Nutzungszeit von 27 Prozent die Radionutzung erstmals überholt. Der Wert ging 2022 auf 25 Prozent zurück, also auf genau ein Viertel der Zeit, die Menschen in einer durchschnittlichen Woche mit dem Musikhören verbrachten (Abb. 15).

     

    Zugleich hat sich der Abstand bei der Nutzung von Premium- und kostenlosem Audio-Streaming vergrößert: Kostenpflichtige Angebote wurden etwa fünfmal so stark genutzt wie werbefinanzierte Varianten (5 %). 2021 hatte der Faktor noch bei einem Wert von etwa vier gelegen.

     

    Die drittgrößte Bedeutung der zum Musikhören verwendeten Medien kam 2022 Video-Streaming-Plattformen wie YouTube zu, auf die in einer typischen Woche rund 14 Prozent der Musiknutzung entfielen. 2021 waren es noch rund 20 Prozent gewesen, was in etwa jeder fünften „Musik-Minute“ entsprach.

     

    Etwas häufiger als 2021 wurden 2022 gekaufte Tonträger wie CDs, Vinyl und DVDs sowie Downloads genutzt. Während es 2021 noch etwa jede zehnte „Musik-Minute“ in einer Woche war, war es 2022 rund jede achte (12 %).

     

    Kurzvideo-Apps wie TikTok spielten bei der Musiknutzung 2022 mit fast 6 Prozent pro typische Woche eine etwas größere Rolle als kostenloses Audio-Streaming (5 %). Im Vergleich zu 2021 (7 %) verzeichneten sie damit einen leichten Rückgang.

     

    Sozialen Medien kam bei der Musiknutzung in der Gesamtbetrachtung eine untergeordnete Rolle zu. Etwa jede 20. „Musik-Minute“ fand auf Facebook, Instagram & Co. statt (4 %). Allerdings hat sich die Bedeutung der sozialen Medien im Vergleich zum Vorjahr etwas mehr als verdoppelt. 2021 hatte der Wert noch bei rund 2 Prozent gelegen – ein zwar deutliches Wachstum, allerdings in der Nische. Etwa gleichgeblieben ist mit rund 4 Prozent der Anteil der Musiknutzung, der 2022 auf die unter Sonstiges erfassten Medien wie TV und Plattformen wie Netflix entfiel.

     

    Auf Live-Musik einschließlich Live-Streaming entfielen 2022 knapp 3 Prozent der wöchentlich mit Musikhören verbrachten Zeit.

     

    GEKAUFTE TONTRÄGER UND TIKTOK: STELLENWERT BEI FRAUEN UND MÄNNERN UNTERSCHIEDLICH AUSGEPRÄGT

     

    Am deutlichsten unterschied sich 2022 das Nutzungsverhalten von Männern und Frauen bei Kurzvideo-Apps und sozialen Medien (Abb. 16). Frauen aus der Onlinebevölkerung im Alter zwischen 16 und 64 Jahren verbrachten 2022 einen größeren Teil ihrer wöchentlichen Musikzeit mit Kurzvideo-Apps und sozialen Medien (13 %) als Männer (8 %).

     

    Ein ebenfalls relativ großer Unterschied zeigte sich bei gekauften Tonträgern, wobei hier die Präferenz umgekehrt war: Bei Männern zwischen 16 und 64 Jahren entfielen darauf 14 Prozent der wöchentlichen Musikzeit, während es bei Frauen nur 10 Prozent waren.

     

    Etwas geringer war der Unterschied in der Nutzung von Audio-Streaming. Hiermit verbrachten Männer fast ein Drittel (31 %) der Zeit, in der sie wöchentlich Musik hörten. Bei Frauen waren es 3 Prozentpunkte weniger (28 %).

     

    Beim Radio lagen die Nutzungsanteile von Frauen und Männern 2022 noch näher zusammen. Beide Gruppen nutzten es in etwas mehr als einem Viertel ihrer wöchentlichen Musikzeit, Frauen zu 28 Prozent und Männer zu 26 Prozent. Damit ist der Stellenwert des Radios bei Männern im Vergleich zum vorherigen „Engaging with Music“-Report deutlich gestiegen: 2021 hatten sie weniger als 20 Prozent der Zeit mit Radiohören verbracht, Frauen hatten mit 26 Prozent nur wenig unter dem Wert von 2022 gelegen. Über die Gründe lassen sich nur Vermutungen anstellen. Möglicherweise hängt der Anstieg beim Musikhören im Radio generell und speziell bei den Männern mit dem gewachsenen Angebot von Webchannels zusammen.

     

     

    JUGENDLICHE VERBRACHTEN FAST DIE HÄLFTE IHRER MUSIKZEIT MIT AUDIO-STREAMING

     

    Bei Betrachtung der Mediennutzung in Abhängigkeit vom Alter der Musikhörenden ergibt sich in der Regel seit jeher das Bild einer Pyramide, bei der in jungen Jahren eine stärkere Nutzung zu beobachten ist, die mit fortschreitendem Alter nachlässt. Es kann sich allerdings auch das Bild einer umgekehrten, „kopfstehenden“ Pyramide ergeben, wenn die Nutzung eines Mediums mit dem Alter zunimmt. Wie sich außerdem zeigt, trifft bei zwei Medienarten keines der beiden Bilder zu.

     

    Eine Pyramidenform zeigte die Nutzung 2022 beim Audio-Streaming (Premium und werbefinanziert). Hier war in der Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen die stärkste Nutzung zu beobachten. Fast die Hälfte der Musikzeit in einer typischen Woche (49 %) verbrachte diese Altersgruppe mit Audio-Streaming, was dem Wert von 2021 entspricht. In den beiden anschließenden Altersgruppen der 25- bis 34-Jährigen (35 %) und der 35- bis 44-Jährigen lag der Wert bei rund einem Drittel der Musikzeit. Bei den Älteren flacht die Nutzungskurve dagegen in größeren Sprüngen ab: Bei den 45- bis 54-Jährigen entfielen noch 20 Prozent des Musikhörens auf Audio-Streaming, bei den 55- bis 64-Jährigen halbiert sich dieser Wert auf 10 Prozent.

     

    Über alle Altersgruppen hinweg entfielen 2022 auf die Nutzung von Audio-Streaming (Premium und werbefinanziert) in der Onlinebevölkerung zwischen 16 und 64 Jahren 30 Prozent der wöchentlichen Musikzeit. Damit ist das Audio-Streaming das am stärksten genutzte Musikmedium, gefolgt vom Radio mit 27 Prozent Zeitanteil.

     

    Beim Radio allerdings ergibt sich das Bild der umgekehrten Nutzungspyramide: die Bedeutung wächst mit dem Alter. Bei den 16- bis 24-Jährigen rangierte es 2022 bei 10 Prozent der wöchentlichen Musikzeit, ein Wert, der sich in der anschließenden Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen beinahe verdoppelt (19 %). Bei den 35- bis 44-Jährigen betrug sie bereits 28 Prozent. Sie lag damit in dieser Altersgruppe auf ähnlichem Niveau wie die Nutzung von Audio-Streaming (31 %). Bei den 45- bis 54-Jährigen wurde das Radio in mehr als einem Drittel der Musikzeit als Medium genutzt (37 %). Bei den 55- bis 64-Jährigen erreichte die Nutzung mit 45 Prozent schließlich ihren Höchstwert unter den Altersgruppen.

    Ähnlich wie beim Radio steht auch bei gekauften Tonträgern die Nutzungspyramide auf dem Kopf: Bei den 16- bis 24-Jährigen lag die mit diesen Tonträgern verbrachte Musikzeit pro Woche bei 4 Prozent. Der Zeitanteil nimmt bei den anschließenden Altersgruppen jeweils zu und erreicht mit fast einem Viertel (24 %) bei den 55- bis 64-Jährigen ihren Peak. Bei Kurzvideo-Apps und sozialen Medien zeigt sich wiederum das Bild der klassischen Pyramide: Hier entfielen bei den 16- bis 24-Jährigen 20 Prozent der Musikzeit auf diese Medien. Der Zeitanteil nimmt dann schrittweise ab, bis er bei den 55- bis 64-Jährigen nur noch 3 Prozent ausmacht.

     

    Bei den Nutzungsarten Video-Streaming und Sonstiges zeigt die altersabhängige Nutzung keine der beiden Pyramidenformen: Für die unter Sonstiges erfassten Medien verläuft die Nutzungskurve über die Altersgruppen hinweg relativ gleichbleibend und nimmt lediglich in der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen etwas ab. Beim Video-Streaming wölbt sich die Nutzung in den beiden Altersgruppen zwischen 25 und 44 Jahren (17 %), während die Nutzung in der unteren und den beiden oberen Altersgruppen jeweils geringer ist.

    Mit Blick auf Genres ist in allen Altersgruppen bis 69 Jahre internationaler Pop am beliebtesten, ganz besondere Fans (70 %) sind hier die 50- bis 59-Jährigen (Abb. 17). An zweiter Stelle folgt in den jüngeren Gruppen bis 29 Jahre Deutsch-Pop, bei Menschen zwischen 30 und 59 Jahre findet sich hier die Musik der 90er/80er, bei den 60- bis 69-Jährigen sind es Oldies, die bei den über 70-Jährigen zugleich den Spitzenplatz belegen, gefolgt von Schlager, 90er/80er und Klassik. Internationaler Rock liegt bei den Jüngsten bis 19 Jahre und im Alter zwischen 30 und 49 Jahre auf Platz 3, ist aber auch sonst in allen Altersgruppen unter den hier gezeigten Top 8 zu finden. Das gilt auch für deutschsprachigen Rock. Hip-Hop und deutscher Rap dagegen wird nur von den bis 29-Jährigen genannt, Klassik von Menschen ab 60. Zu Hard Rock/Heavy Metal bekennen sich jeweils gut ein Viertel der Altersgruppen zwischen 30 und 59 Jahre. Schlager wird von Menschen ab 50 aufwärts genannt, EDM (Electronic Dance Music) von allen Altersgruppen bis 49 Jahre.

  • Musikkaufende 2022

    Knapp jede:r Dritte ist bereit, sich Musik etwas kosten zu lassen. Der Anteil von Premium-Streaming-Nutzer:innen liegt inzwischen bei 31 Prozent. Menschen über 60 Jahre sind besonders CD-affine Käufer:innen.

     

    In Deutschland ist die Käufer:innenreichweite für Musik leicht gesunken. 2022 gaben 28 Prozent der Befragten an, für den Kauf von Tonträgern oder für Musiknutzung in Form von Streaming bezahlt zu haben, und damit knapp jede:r Dritte. 2021 hatte der Wert bei 29 Prozent gelegen (Abb. 18).

     

    Innerhalb der einzelnen Altersgruppen ist die Käufer:innenreichweite zum einen bei den Jüngsten zwischen 10 und 15 Jahren zurückgegangen, hier haben 16 Prozent für Musik Geld ausgegeben, 2021 waren es 19 Prozent. Bei den älteren Teenagern zwischen 16 und 19 Jahren war es etwa jede:r Dritte (31 %; 2021 hatte dieser Wert bei 34 % gelegen). In beiden Gruppen war 2022 also ein Rückgang von jeweils 3 Prozentpunkten zu verzeichnen.

     

    Gleich geblieben bzw. leicht gestiegen ist die Käufer:innenreichweite dagegen in den Gruppen der 20- bis 29-Jährigen und der 30- bis 39-Jährigen (vgl. Musikindustrie in Zahlen 2021, Abb. 18): Bei den Twens lag der Wert wie im Vorjahr bei 47 Prozent, bei den Thirtysomethings legte er um 1 Prozentpunkt auf nun ebenfalls 47 Prozent zu. Damit haben in diesen beiden Altersgruppen fast die Hälfte für den Kauf von Tonträgern oder für Musiknutzung in Form von Streaming bezahlt.

     

    In der Gruppe der 40- bis 49-Jährigen waren weniger Menschen aufgeschlossen dafür, sich Musik etwas kosten zu lassen als im Vorjahr. Waren es 2021 noch 42 Prozent, ist der Wert 2022 auf 39 Prozent gesunken. In der Altersklasse der 50- bis 59-Jährigen gab knapp ein Drittel (29 %) Geld für Musik aus, gegenüber 2021 unverändert. Bei über 60-Jährigen ist der Anteil mit 12 Prozent ebenfalls gleichgeblieben.

     

    Bei einer Aufschlüsselung nach Geschlechtern zeigt sich jeweils ein Rückgang um 1 Prozentpunkt. So gab knapp jeder dritte männliche Befragte (31 %) an, er habe 2022 für Musik Geld ausgegeben (2021: 32 %). Bei Frauen war es mit 24 Prozent nahezu jede vierte Befragte (2021: 25 %).

     

    PREMIUM-STREAMING-GRUPPE DOPPELT SO GROSS WIE FREE-GRUPPE

     

    Der Anteil von Menschen an der Onlinebevölkerung in Deutschland mit einem Premium-Streaming-Abo ist weiter gewachsen. 2022 war fast jede:r Dritte Nutzer:in eines kostenpflichtigen Abos (31 %). 2021 waren es noch 29 Prozent, 2020 28 Prozent. Damit war die Gruppe der Premium-Streaming-User:innen etwa doppelt so groß wie die derjenigen, die einen werbefinanzierten Account nutzen (15 %).

     

    Bei beiden Varianten war die Verteilung zwischen Männern und Frauen annähernd gleich beliebt. Auch die Haltung gegenüber Musik ähnelte sich in beiden Gruppen: Special Editions physischer Musikprodukte waren ihnen – entsprechend dem Motto „digital only“ – im Vergleich zu Nutzer:innen anderer Formate am wenigsten wichtig.

     

    In den Altersgruppen zwischen 30 und 59 Jahren lassen sich kaum Unterschiede hinsichtlich der Bevorzugung der Premium- bzw. der Free-Variante von Audio-Streaming feststellen. Dagegen war bei den Jüngsten zwischen 10 und 19 Jahren die kostenlose Variante beliebter, während in der Gruppe der Twens ein ähnlich großer Popularitätsunterschied zugunsten der kostenpflichtigen Variante festzustellen war.

    DIE 50- BIS 59-JÄHRIGEN STELLTEN DIE GRÖßTE GRUPPE DER DOWNLOAD-KÄUFER:INNEN

     

    Der Anteil der Download-Käufer:innen an der Onlinebevölkerung ist 2022 gegenüber 2021 gleichgeblieben. Diese Gruppe war in ihrer Gesamtheit etwa dreimal so groß wie die der Vinyl-Kaufenden und etwas weniger als halb so groß wie die der CD-Fans – deren Einstellung zu Musik sie weitestgehend teilte. Die größte Gruppe der Download-Käufer:innen stellten die 50- bis 59-Jährigen mit 32 Prozent, gefolgt von den 40- bis 49-Jährigen (23 %). Die kleinsten Gruppen wiederum bildeten mit 14 Prozent bzw. 13 Prozent die 30- bis 39- und die über 60-Jährigen.

    NUR NOCH JEDE:R 14. GRIFF ZUR CD

     

    Dass sich Musikfans in Deutschland eine neue CD kaufen, kommt immer seltener vor. Im Jahr 2021 hatte noch rund jede:r Elfte in der Untersuchung der GfK angegeben, das getan zu haben (Abb. 19). 2022 war es nur noch etwa jede:r 14. Von ihnen war etwa jede:r dritte älter als 60 Jahre (32 %). Damit hielt diese Altersgruppe der CD am stärksten die Treue. 2021 war dies noch die Altersgruppe zwischen 50 und 59 Jahren. Diese blieb aber auch im vergangenen Jahr der CD sehr zugewandt, nach Angaben der GfK war sie 2022 für 29 Prozent der CD-Käufe verantwortlich. In den Altersgruppen zwischen 10 und 49 Jahren betrug der Wert jeweils weniger als 20 Prozent.

     

    Wer 2022 CDs erwarb, gab in rund zwei Dritteln der Fälle (67 %) an, großer Musikfan zu sein, ein höherer Wert als bei Streaming-Konsument:innen (Premium: 63 %, werbefinanziert: 60 % ). Allerdings war die Bereitschaft, mit Freude aktiv neue Musik zu entdecken, bei CD-Fans im Vergleich weniger stark ausgeprägt, nur bei Download-Käufer:innen war sie noch geringer (40 %). Jede:r vierte CD-Kaufende (26 %) interessierte sich für Special Editions von Musikprodukten, nur bei Vinyl-Fans war dieser Wert höher (57 %).

    VINYL-FANS ENTDECKTEN BESONDERS GERNE NEUE MUSIK

     

    Bei den Vinyl-Fans handelt es sich um eine spezielle Käufer:innengruppe, deren Anteil an der Bevölkerung mit 0,9 Prozent jedoch überschaubar ist. Gleichzeitig zeigten sie die größte Verbundenheit mit Musik, 84 Prozent von ihnen bezeichneten sich als große Musikfans.

     

    Diese Zielgruppe war statistisch gesehen vor allem männlich (89 %). Die größte Käufer:innengruppe stellten die 40- bis 49-Jährigen mit einem Anteil von 39 Prozent, gefolgt von den 50- bis 59-Jährigen (28 %) und der Gruppe 60+ mit einem Anteil von 18 Prozent. Auch Jüngere interessieren sich für Vinyl, doch war ihr Anteil an den Käufen mit 6 Prozent (10- bis 29-Jährige) und 9 Prozent (30- bis 39-Jährige) 2022 deutlich geringer.

     

    Bei Vinyl-Fans durfte im Vergleich zu den Käufer:innen bzw. Nutzer:innen anderer Formate am ehesten kein Tag ohne Musik vergehen (86 %), und die meisten von ihnen (73 %) nahmen sich bewusst Zeit, Musik zu hören, oder entdeckten gerne neue Musik.

  • Musikhandel 2022

    Der Bedeutungsverlust von Ladengeschäften hat sich abgeschwächt. Elektrofachmärkte eroberten im Musikverkauf Marktanteile zurück. Der starke Online-Verkauf von Musikaufnahmen spiegelt sich auch bei den fünf bedeutendsten Umsatzbringern wider.

     

    Nachdem er in den Vorjahren jeweils deutlich zurückgegangen war, ist der Verkauf von Tonträgern in Ladengeschäften 2022 vergleichsweise stabil geblieben: 6,30 Euro von 100 Euro wurden im stationären Handel – einschließlich Versand und Clubs – ausgegeben (Abb. 20). 2021 hatte der Wert mit 6,50 Euro nur unwesentlich darüber gelegen.

     

    Damit hat sich der Rückgang hier deutlich verlangsamt: Seit 2013 waren die Werte jährlich um teilweise bis zu 8 Euro gesunken, beispielsweise von 2017 auf 2018. Vor fünf Jahren wurden im stationären Handel noch rund zwei Drittel mehr eingenommen als 2022, im Jahr 2013 stammte sogar fast die Hälfte aller Brancheneinnahmen aus dem stationären Handel.

     

    Der Verkauf von Tonträgern wie Vinyl oder CDs über das Internet hat ebenfalls weiter abgenommen. Seine Bedeutung war allerdings noch mehr als doppelt so groß wie die des stationären Handels, so wurden 2022 umgerechnet 14,40 Euro von 100 Euro aus Musikverkäufen über diese Vertriebsschiene eingenommen. Dies waren rund 4 Euro weniger als 2021 und etwas weniger als die Hälfte des 10-Jahres-Höchstwerts aus dem Jahr 2015 von fast 32 Euro.

     

    Dass die Popularität physischer Tonträger – wie auch in anderen Kapiteln beschrieben – immer stärker abnimmt, spiegelt somit auch der Blick auf die Vertriebsschienen. Sowohl der Absatz über den stationären Handel als auch der Online-Vertrieb von physischen Tonträgern ging weiter zurück.

     

    Gestiegen ist hingegen der Stellenwert des Online-Verkaufs digitaler Formate. Hierzu zählt vor allem das Audio-Streaming, dessen anhaltender Aufschwung (siehe hierzu insbesondere die Kapitel „Umsatz“ und „Absatz“) sich auch an dieser Stelle bemerkbar gemacht hat, während Downloads wirtschaftlich eine immer geringere Rolle spielen. Mit dem Online-Verkauf digitaler Formate wurden 2022 79,40 Euro von 100 Euro aus Musikverkäufen eingenommen. Das sind etwa 4 Euro mehr als noch im Jahr 2021 und es ist zugleich ein neuer Höchstwert. Gegenüber 2013 (20,40 €) hat sich der Erlös beinahe vervierfacht.

     

    Insgesamt wurden 2022 von 100 Euro 93,70 Euro über das Internet eingenommen, nur geringfügig mehr als 2021 mit 93,50 Euro.

     

    DIGITALHÄNDLER UND ELEKTROFACHMÄRKTE ERZIELTEN UMSATZPLUS

     

    Wie dargestellt, ging der stationäre Handel einschließlich Versand und Clubs etwas zurück, ebenso der Online-Verkauf physischer Tonträger bzw. E-Commerce. Das zeigt sich auch bei der Analyse der einzelnen Handelsformen (Abb. 21).

     

    So verzeichneten alle Formen des stationären Handels deutliche Rückgänge bei den Marktanteilen – mit Ausnahme von Elektrofachmärkten. Sie konnten als einzige zulegen, und das um 30,7 Prozent. Allerdings ausgehend von einem niedrigen Niveau: Sie waren 2022 lediglich für 2,80 Euro von 100 Euro an Musikeinnahmen verantwortlich. 2021 waren es 2,10 Euro. Vor 10 Jahren wurde über diese Schiene noch knapp neunmal so viel erwirtschaftet (2013: 24,60 €).

     

    Etwa halb so groß war gegenüber den Elektrofachmärkten die wirtschaftliche Bedeutung von Drogeriemärkten für den Absatz von Tonträgern, sie standen für umgerechnet rund 1,40 Euro von 100 Euro an Musikeinnahmen. Das ist ein Rückgang von 16,7 Prozent, innerhalb von vier Jahren hat sich der Umsatz hier etwa halbiert (2019: 2,90 €). Andere stationäre Handelsformen erzielten jeweils Musikeinnahmen von umgerechnet weniger als 1 Euro von 100 Euro.

     

    Im Lebensmitteleinzelhandel wurden umgerechnet 0,60 Euro von 100 Euro mit Tonträgern verdient. Damit ist sein Umsatzanteil im Vergleich zu 2021 um mehr als ein Drittel (35,7 %) gesunken, seit 2019 (1,80 €) um zwei Drittel.

     

    Auf den Medienfacheinzelhandel entfielen 0,40 Euro, was einem Rückgang von 14 Prozent entspricht. Das ist die Hälfte des Werts von 2018 und ein Viertel des Werts von 2014.

     

    Der Umsatzanteil des Buchhandels an den Musikverkäufen ging um fast ein Drittel zurück (29,6 %) und lag umgerechnet bei 0,30 Euro. Auch die unter Sonstige zusammengefassten Handelsformen verloren, hier betrug der Rückgang 7,8 Prozent auf umgerechnet noch 0,80 Euro.

     

    Damit verteilten sich die Einnahmen mit Tonträgern im Wesentlichen auf die beiden Handelsformen Digitalhändler sowie E-Commerce. Allerdings hat auch der E-Commerce wirtschaftlich etwas an Bedeutung verloren, sein Umsatzanteil ist 2022 um rund 4 Prozentpunkte auf 14,40 Euro von 100 Euro gesunken. In den Jahren 2016 und 2017 war es noch ungefähr doppelt so viel.

     

    STARKER ONLINE-VERKAUF SPIEGELT SICH BEI DEN FÜNF STÄRKSTEN UMSATZBRINGERN WIDER

     

    Nachdem 2021 MediaMarktSaturn als letzter verbliebender stationärer Musikhändler aus den Top 5 der fünf stärksten Umsatzbringer gerutscht war, haben sich 2022 in dieser Rangliste keine weiteren nennenswerten Änderungen ergeben.

     

    Es verblieben wieder ausschließlich fünf Unternehmen, die den Handelsformen Digitalhändler oder E-Commerce zuzurechnen sind. Die Top 5 des Jahres 2022 bildeten in alphabetischer Reihenfolge Amazon, Apple Music, Deezer, JPC und Spotify.

     

  • Repertoire & Charts 2022

    Singles „made in Germany“ und internationale Produktionen erreichten bei den 100 erfolgreichsten Titeln jeweils Gleichstand. Kein deutschsprachiger Titel unter den 100 beliebtesten Radiosongs. Pop und Hip-Hop erzielten die höchsten Umsätze.

    Die Bedeutung von nationalen Album-Produktionen hat 2022 wieder zugenommen. Ihr Anteil an den TOP 100 der Longplay-Charts lag bei 60,6 Prozent. Damit ist ein leichter Aufwärtstrend zu beobachten. Von 2015 bis einschließlich 2020 waren noch mehr als zwei Drittel der TOP-100-Longplayer nationale Produktionen, bevor 2021 mit 58,4 Prozent der niedrigste Wert in einer Dekade erreicht wurde.

     

    Die beiden erfolgreichsten Alben des Jahres 2022 waren „Zeit“ von Rammstein (Platz 1) und „Rausch“ von Helene Fischer (Platz 2), gefolgt von „Voyage“ von ABBA, dem bestplatzierten Longplayer 2021. Taylor Swifts „Midnights“ und „Harry’s House“ von Harry Styles belegten die Plätze 4 und 5, bevor wieder zwei nationale Produktionen folgten: „Alles aus Liebe: 40 Jahre Die Toten Hosen“ der Düsseldorfer Punkrocker (Platz 6) und „Für den Himmel durch die Hölle“ von Kontra K (Platz 7). Ed Sheerans Album „=“ (Platz 8), „Perspektiven“ von Roland Kaiser (Platz 9) und „30“ von Adele (Platz 10) schlossen die Rangliste der zehn erfolgreichsten Alben des Jahres 2022 ab.

     

    SINGLE-CHARTS: PATT ZWISCHEN DEUTSCHEN UND INTERNATIONALEN PRODUKTIONEN

     

    Auch bei den nationalen Single-Produktionen lässt sich in den Top 100 ein leichter Aufwärtstrend feststellen (Abb. 24B). Sie stellten etwa die eine Hälfte der 100 erfolgreichsten Singles (49,7 %), wodurch das Verhältnis zwischen nationalen und internationalen Singles (50,3 %) nahezu ausgeglichen war.

     

    Zwischen beiden fanden in den letzten zehn Jahren immer wieder Verschiebungen ihrer Anteile statt: Mal waren fast zwei Drittel der erfolgreichsten 100 Singles internationale Produktionen (2013 und 2016), mal nationale (2019 und 2020). In anderen Jahren war dagegen wie 2022 eher ein Gleichstand zu beobachten (2015, 2018 und 2021).

     

    Die erfolgreichste Single 2022 war „Layla“ von DJ Robin & Schürze, zugleich der meistgestreamte Titel. Die Plätze 2 und 3 in den Top-25-Single-Charts und den Top-25-Streaming-Charts besetzten zwei Titel, nur in jeweils anderer Reihenfolge: „Heat Waves“ von Glass Animals war die zweiterfolgreichste Single, „Beautiful Girl“ von Luciano belegte Platz 3, bei den Top-25-Streaming-Charts war es umgekehrt. Auch unter den weiteren Titeln der zehn Bestplatzierten zeigten sich starke Überschneidungen zwischen den Jahresbestenlisten der Single-Charts und der Streaming-Charts.

     

    DEUTSCHSPRACHIGE MUSIK SPIELTE IM RADIO 2022 FAST KEINE ROLLE – KEIN EINZIGER DEUTSCHSPRACHIGER TITEL IN DEN TOP-100-AIRPLAY-CHARTS

     

    Auch 2022 fanden sich in der Rangliste der 25 erfolgreichsten Radio-Titel keine deutschsprachigen Songs – ebenso wenig in den Top 100[1].  Zwar waren mit Purple Disco Machine, Leony und Kamrad drei deutsche Artists unter den vier bestplatzierten Titeln, doch waren es Songs mit englischen Lyrics. Nur „Solo Para Ti“ von Alvaro Soler x Topic auf Platz 25 bildete mit spanischem Text eine Ausnahme.

     

    Dass deutschsprachige Titel bei Musikredakteur:innen von Radiosendern offenbar nicht die erste Wahl sind, kritisiert die Branche seit Langem. Trotzdem hat der Stellenwert dieser Songs in den letzten Jahren weiter abgenommen und 2022 einen neuen Tiefstwert erreicht.

     

    Dazu hat der BVMI zu Beginn des Jahres 2023 noch einmal klar Position bezogen: „Unter den 100 am häufigsten gespielten Titeln im deutschen Radio befindet sich kein deutschsprachiger Song, wie die Offiziellen Deutschen Airplay-Charts 2022 zeigen, ermittelt von MusicTrace im Auftrag des BVMI“, so der BVMI-Vorstandsvorsitzende Dr. Florian Drücke. „Das ist ein neuer Tiefstand nach fünf im Jahr 2021 und sechs im Jahr 2020. Dass Songs auf Deutsch im Radio keine besonders große Rolle spielen, ist kein neues Phänomen und die Branche hat das über die Jahre vielfach thematisiert und kritisiert. Dabei könnten sich Sender mit lokalem Repertoire nach unserer Überzeugung identifizieren und auch bei den Hörer:innen profilieren. Andererseits muss auch klar sein, dass wir hier in der aktuellen Debatte um die Zukunft des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks sehr genau hinschauen und den Kulturauftrag einfordern werden, der nicht durch die Heavy-Rotation von internationalem Repertoire erfüllt wird. Es reicht dabei der Blick in die Offiziellen Deutschen Album- und Single-Charts, die zeigen, dass deutschsprachige Künstler:innen hierzulande sehr wohl geschätzt und gefragt sind und sich entsprechend auch im Radio wiederfinden sollten. Ich bin mir sicher, dass die Teilbranchen der Musikwirtschaft diesen Missstand geeint präzise benennen und gemeinsam Wege aus der Misere aufzeigen werden. Der BVMI wird diesbezüglich jedenfalls mit den verschiedenen Akteur:innen den Dialog suchen. Auch politisch darf vor dieser Problemlage nicht weggeschaut werden.“


    [1] Die Top 100 der Offiziellen Deutschen Airplay-Jahrescharts, ermittelt durch MusicTrace, sind online zu finden unter  https://radiocharts.com/html/annual_charts_de_main.htm

     

    POP SORGTE FÜR FAST JEDEN VIERTEN MUSIK-EURO, HIP-HOP FÜR FAST JEDEN FÜNFTEN

     

    Im Vergleich zu 2021 haben die verschiedenen Repertoiresegmente wie Pop und Hip-Hop 2022 wieder für etwa denselben Anteil am Gesamtumsatz gesorgt. Pop war dabei erneut für etwa jeden fünften erwirtschafteten Euro des Gesamtumsatzes verantwortlich (24,1 %) und trug den größten Anteil unter den Segmenten bei (Abb. 23). Die Veränderung im Vergleich zu 2021 (24,4 %) ist marginal und zeigt sich lediglich nach dem Komma (Abb. 23A).

     

    Etwa jeden fünften Euro (19,3 %) erwirtschaftete Hip-Hop und bildete damit erneut das Repertoiresegment mit der zweitstärksten wirtschaftlichen Bedeutung. 2021 waren es 19,5 Prozent, 2020 18,6 Prozent.

     

    Rock lag auf dem dritten Rang der umsatzstärksten Repertoiresegmente. Er konnte mit zuletzt 18,6 Prozent seinen Anteil am Gesamtumsatz vergleichsweise stark steigern, nachdem er 2021 einen Wert von 17,7 Prozent erreicht hatte, was einen 10-Jahres-Tiefstwert bedeutete. Nun trennt Rock einschließlich Metal und Punk in Bezug auf den wirtschaftlichen Stellenwert nur noch etwa 1 Prozentpunkt des Gesamtumsatzes von Hip-Hop. Von seinem Dekaden-Höchstwert aus dem Jahr 2016 mit fast 22 Prozent ist Rock dagegen noch einige Prozentpunkte entfernt.

     

    Das wirtschaftlich viertstärkste Repertoiresegment waren 2022 Kinderprodukte. Etwa jeder achte eingenommene Euro stammte aus ihrem Verkauf (11,8 %), ein lediglich leichter Rückgang von etwa einem halben Prozentpunkt. Damit lag der Umsatzanteil von Kinderprodukten noch immer über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre.

     

    Der wirtschaftliche Stellenwert von Dance erreichte einen neuen Dekaden-Höchstwert. Er lag bei 10,9 Prozent, was einem Plus von einem halben Prozent im Vergleich zu 2021 entspricht.

     

    Alle weiteren Repertoiresegmente erreichten 2022 dagegen lediglich einstellige Anteile am Gesamtumsatz, angeführt von Sonstigen (4,8 %), wozu unter anderem Soundtracks, Country und Comedy zählen. Der Rückgang gegenüber 2021 betrug hier wie bei Dance einen halben Prozentpunkt.

     

    Deutschpop erreichte 2022 einen Umsatzanteil von 3,6 Prozent, was in etwa dem Wert von 2021 entspricht (–0,1 %). Bei Schlager mit einem Umsatzanteil von 3,1 Prozent hat sich im Vergleich zu 2021 keine nennenswerte Veränderung ergeben. Auch bei Klassik (1,8 %), Jazz (1,5 %) und Volksmusik (0,5 %) unterscheiden sich die Werte des jeweiligen Anteils am Gesamtumsatz höchstens marginal von den Werten 2021.

  • Internationales 2022

    Weltweite Musikverkäufe 2022 legen um 9 Prozent zu. 589 Millionen Menschen nutzen bezahlte Streaming-Angebote. Deutschland ist weiterhin viertgrößter Musikmarkt der Welt. Das stärkste Wachstum weltweit verzeichnete 2022 Subsahara-Afrika mit einem Plus von 34,7 Prozent.

     

    Die weltweite Musikindustrie entwickelt sich seit einer Reihe von Jahren positiv. 2022 ist sie um 9 Prozent gewachsen und hat 26,2 Milliarden US-Dollar umgesetzt (Abb. 25). Treiber der Entwicklung war erneut das kostenpflichtige Streaming.

     

    Insgesamt war es das achte Wachstumsjahr in Folge, was zeigt, wie erfolgreich die strategische Aufstellung der Branche ist; die Partnerschaft zwischen Künstler:innen und Labels ist auch und gerade im digitalen Zeitalter mit seinen vielen Herausforderungen und diversen Kanälen ein Erfolgsmodell. Gleichzeitig unterstreicht der Blick in den aktuellen IFPI Global Music Report die hohe Bedeutung des jeweils lokalen Repertoires im globalen Markt. IFPI[1] ist der internationale Dachverband des BVMI.


    [1] International Federation of the Phonographic Industry; ifpi.org

    Die Einnahmen aus dem bezahlten Audio-Streaming stiegen um 10,3 Prozent auf 12,7 Milliarden US-Dollar (Abb. 25). Ende 2022 gab es weltweit 589 Millionen Nutzer:innen von bezahlten Abonnementkonten. Streaming insgesamt (bezahlte Abonnements und werbefinanziertes Streaming) wuchs um 11,5 Prozent auf 17,5 Milliarden US-Dollar, das entspricht 67 Prozent aller weltweiten Einnahmen aus dem Verkauf und der Nutzung von Musikaufnahmen (Abb. 26).

    Auch in anderen Bereichen gab es Wachstum[2]: Die Einnahmen aus physischen Tonträgern legten zum zweiten Mal in Folge zu, mit einem Plus von 4 Prozent allerdings nur leicht im Vergleich zum Vorjahr (2021: +16,1 %) Dieser Anstieg war teilweise auf eine Erholung des physischen Einzelhandels zurückzuführen, der 2020 als Folge der Coronapandemie deutlich zurückgegangen war. Am stärksten wuchs der physische Markt erneut in Asien, das zugleich allein für fast die Hälfte der weltweiten Umsätze im physischen Bereich verantwortlich war.

     

    Nachdem die CD 2021 erstmals in diesem Jahrtausend wieder Wachstum gesehen hatte, ging der Umsatz hier 2022 wieder leicht zurück (–0,4 %). Bei Vinyl hingegen setzte sich die Aufwärtskurve weiter fort (+17,1 %).

    Die Einnahmen aus Leistungsschutzrechten (Performance Rights) – die Nutzung von Musikaufnahmen durch Rundfunkanstalten und öffentliche Einrichtungen – stiegen um 8,6 Prozent. Mit 2,5 Milliarden US-Dollar übertrafen sie 2022 das Niveau vor der Pandemie und trugen insgesamt 9,4 Prozent zum weltweiten Branchenumsatz bei (Abb. 26).

     

    2,4 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaftete die Branche im Bereich Synchronisation, das sind Einnahmen aus der Nutzung von Musikaufnahmen in Werbung, Film, Spielen und Fernsehen. Dieser Bereich wuchs um 22,3 Prozent und erreichte einen Gesamtumsatz von 640,4 Millionen US-Dollar.


    [2] Vgl. IFPI Global Music Report 2023, London 2023, S. 12 f.

     

    JEDE DER SIEBEN REGIONEN DER WELT ENTWICKELTE SICH 2022 POSITIV

     

    Auch 2022 haben sich alle 7 Weltregionen mit Blick auf die Umsätze der Musikindustrie positiv entwickelt. Vier Regionen wuchsen sogar zweistellig und übertrafen das globale Gesamtwachstum von 9 Prozent deutlich (Abb. 27). Subsahara-Afrika löste die Region Mittlerer Osten & Nordafrika als am dynamischsten wachsende Region ab.

     

    Asien legte um 15,4 Prozent zu, Japan, größter Markt der Region, mit Plus 5,4 Prozent jedoch deutlich moderater als der zweitgrößte Markt, China (+ 28,4 %), der zugleich erstmals in die Top 5 der größten Musikmärkte der Welt aufstieg.

     

    Die Region Australasien verzeichnete ein Plus von 8,1 Prozent, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr (2021: +4,7 %), getrieben im Wesentlichen vom Streaming. Australien als größter Markt der Region zählte auch 2022 zu den 10 größten Musikmärkten weltweit.

     

    In Europa, im Umsatzranking der Regionen auf Platz 2 hinter Nordamerika, stiegen die Umsätze gegenüber dem Vorjahr um 7,5 Prozent; auch alle drei großen Märkte der Region – Vereinigtes Königreich, Deutschland und Frankreich – verzeichneten Zuwächse. Die europaweit generierten Streaming-Einnahmen repräsentierten mehr als ein Viertel der weltweiten Einnahmen in diesem Bereich (26,0 %).

     

    Lateinamerika war 2022 die am zweitstärksten wachsende Region mit einem Plus von 25,9 Prozent. Die seit mehr als 10 Jahren andauernde Flugphase setzte sich fort, jeder Markt der Region verzeichnete ein zweistelliges Wachstum.

     

    Mit der dritthöchsten weltweiten Wachstumsrate verzeichnete die Region Mittlerer Osten & Nordafrika 2022 ein Umsatzplus von 23,8 Prozent. Der weit überwiegende Teil des Marktes entfiel mit 95,5 Prozent auf Streaming – in keiner anderen Region war dieser Anteil höher.

     

    Die dynamischste Region der Welt war 2022 Subsahara-Afrika mit einem Plus von 34,7 Prozent. Treibende Kraft war Südafrika, größter Markt der Region, mit einem Umsatzschub von 31,4 Prozent nach vergleichsweise moderaten Zuwächsen im Vorjahr (2021: +2.4 %).

     

    USA & Kanada, weiterhin die weltweit umsatzstärkste Region, legte im Jahr 2022 um 5,0 Prozent zu, der größte Einzelmarkt der Welt, die USA, um 4,8 % – zum ersten Mal wurde hier die Marke von 10 Milliarden US-Dollar überschritten. Zusammen repräsentieren die USA und Kanada 41,6 Prozent der weltweiten Musikumsätze.

     

    DEUTSCHLAND BLEIBT VIERTGRÖSSTER MARKT DER WELT

     

    Erstmals ist Brasilien 2022 in der Runde der zehn größten Musikmärkte der Welt vertreten, es stieg gleich auf Platz 9 ein (Abb. 28) und verdrängte Australien auf Platz 10. China schob sich an Frankreich vorbei auf Platz 5. Die Plätze 1 bis 4 belegten unverändert die USA, Japan, das Vereinigte Königreich und Deutschland. Frankreich auf Platz 6 lag vor Südkorea und Kanada, die die Plätze 7 und 8 aus dem Jahr 2021 behaupten konnten.

     

     

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    Das neue BVMI-Jahrbuch ab sofort abrufbar als kostenfreies E-Paper.

    Der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) hat die neue Ausgabe des jährlich erscheinenden Reports „Musikindustrie in Zahlen“ mit den zentralen Marktdaten 2022 veröffentlicht. Neben den Details zu Um- und Absatz, die bereits am 28. Februar 2023 gemeldet worden sind, liefert der Bericht jedes Jahr auch Daten zu Musiknutzung, Musikhandel, Repertoire und Charts sowie zu den Profilen von Musikkäuferinnen und -käufern in Deutschland.

    „Musikindustrie in Zahlen“ ist der turnusgemäß im Frühjahr veröffentlichte Bericht des BVMI zum vorherigen Branchenjahr.

    Der Report ist ab sofort hier als kostenfreies E-Paper abrufbar. Um alle Links und Funktionen im Dokument nutzen zu können, verwenden Sie bitte den Adobe Reader.

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