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Panel 1: „Culture back to Business? Erwartungen der Kreativwirtschaft an die neue Bundesregierung – what’s in for us?“
Das sagen die Branchenvertreter:innen
Trotz eines Umsatzes von 204,6 Milliarden Euro im Jahr 2023 und des Anteils von 3,3 Prozent der Bruttowertschöpfung in Deutschland wird das wirtschaftliche Potenzial der Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) politisch häufig nicht hinreichend wahrgenommen. Während der Pandemie haben sich deshalb wichtige Branchenakteur:innen in der Allianz k3d zusammengeschlossen, um politische Interessen zu bündeln. Bei der diesjährigen Kulturkonferenz diskutierten einige von ihnen auf dem Panel „Culture back to Business?“, was sie von der neuen Bundesregierung erwarteten, um nachhaltig weiter wachsen zu können. Geleitet wurde die Runde von Moderatorin Mia Heresch.
Tatsächlich fühlte sich der größere Teil des Panels im aktuellen Koalitionsvertrag mit den Anliegen durchaus gesehen. So hob Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, die Fortführung des Kulturpasses und die strukturelle Verlagsförderung positiv hervor und mahnte, das Bekenntnis zum Urheberrecht dürfe „kein Lippenbekenntnis“ bleiben, insbesondere mit Blick auf „eine Einhegung von generative AI“. Sonia Simmenauer, Präsidentin des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV), sah ihren Bereich im Arbeitszeitengesetz, der Stabilität der Sozialbeiträge, vor allem der Künstlersozialkasse, der Rechtssicherheit und dem Ticketzweitmarkt berücksichtigt: „Wir sind vertreten. Die Frage ist, wie viel von dem wird sich erfüllen lassen?“. Der Vorstandsvorsitzende des VAUNET, Claus Grewenig, hob die Geschlossenheit der Arbeitsgruppen in der Verhandlungsphase hervor, durch die vieles auch Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden habe: „Dass so viele so unterschiedliche Branchen gebündelt, auch über k3d, gemeinsam agieren können, ist ein positives Zeichen.“
Für die Modebranche zeichnete die Vorstandsvorsitzende des Fashion Council Germany, Christiane Arp, indes ein weniger positives Bild. „Wir fanden noch nie statt, denn wir fallen unter die Rubrik ‚Design‘.“ Viele Studierende aus Deutschland fänden im Ausland ihren Platz „und kommen nie wieder zurück, weil wir hier kein funktionierendes Modesystem haben. Um das zu ändern, arbeiten wir am Ausbau von Plattformen für Sichtbarkeit neuer Talente, an Nachwuchsförderprogrammen, auch zusammen mit den Hochschulen.“
Unter anderem Simmenauer und Kraus vom Cleff mahnten Bürokratieabbau an. Das hatte zuvor in seiner Keynote auch der Musikunternehmer und Mitpanelist Dr. Jonas Haentjes, CEO von Edel, getan, der das Urheberrecht mit Blick auf die Musikindustrie nur teilweise im Koalitionsvertrag erwähnt sah. „Es heißt dort: ‚Im digitalen Musikmarkt verpflichten wir Streaming-Plattformen, Kreative angemessen an den Einnahmen zu beteiligen‘ – hier habe ich viele Fragezeichen. Wo sind wir da als Wirtschaft, als Lizenznehmer der Kreativen, als teilweise Eigentümer der Aufnahmen?“ Auch spiegele sich in den Vorstellungen der Politik nicht, „dass wir uns nicht in einem nationalen Streamingmarkt befinden, sondern Verträge weltweit verhandelt werden. Unsere Position wird massiv geschwächt, wenn wir diesen weltweiten Markt in nationale Einzelmärkte mit verschiedensten Positionen runterbrechen.“
Claus Grewenig betonte: „Wir brauchen einen Dreiklang aus Finanzierungsfreiheit, optimierter Plattformregulierung und mehr Raum für Allianzen jeglicher Art – denn auch das „W“ in Kultur- und Kreativwirtschaft verdient Aufmerksamkeit.“ Die Wirtschaftskennzahlen sprächen eine klare Sprache, auch deshalb sollte „ein einheitlicher Ansprechpartner oder Ansprechpartnerin für die Kultur- und Kreativwirtschaft eine Selbstverständlichkeit sein.“
Die klare Forderung nach einer Ansprechperson in der Bundesregierung teilte die Runde. Oder, wie Sonia Simmenauer es formulierte, auch mit Blick auf die steigenden Produktionskosten im Veranstaltungsbereich, die man nicht in der Weise auf die Ticketpreise aufschlagen könne: „Dass wir in einem guten Gespräch mit der Politik sein können, dass wir wissen, wo wir hingehören, ob zum BKM oder ins Wirtschaftsministerium.“
Christiane Arp nannte als Ziel ein funktionierendes Ökosystem Mode, jungen Talenten zu helfen, „Bühnen und Kooperationen zu finden, die Verbindung aus Technologie, Innovation, Design und Handwerk, damit diese kleinen Betriebe hier vor Ort produzieren können.“
Befragt nach dem, was sie aus wirtschaftlicher Perspektive positiv in die Zukunft blicken lässt, betonte Peter Kraus vom Cleff, ihn stimme insbesondere die Erkenntnis, dass es immer wieder menschlichen Input braucht, um Menschen zu inspirieren und Neues zu finden, positiv. Jonas Haentjes hob für seine Teilbranche den Optimismus hervor: „Auch nach der KI werden technologische Wandel kommen, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können und währenddessen wird es immer wieder inspirierende Künstler:innen und Künstler geben, die uns mitreißen.“